#1 Utopien in Stücken
»Gutes Zusammenleben« machen. Mit Ton Matton und Hanna Noller. 09.11.2023
Salonabend, 9.11.2023
Kurzer Rückblick auf die Veranstaltung »Zeit für reale Utopien« am 22.6.2023. An diesem Abend wurden Alternativen zu Wertschöpfung, demokratischen Zugang zu Wissen, Leben in Städten, Produktion von Lebensmitteln und viele weitere Beispiele besprochen – tolle Bilder, tolle Projekte, eindringliche Geschichten, die Motivation war auf dem Siedepunkt. Warum nicht einfach machen?
Von der konkreten Utopie zu sprechen ist de facto einfacher als von einer konkreten Umsetzung. Einen Kipppunkt im Hier und Jetzt zu gestalten, der es schafft, ein autarkes System neben einem tradierten laufen zu lassen. Die Parole ›einfach machen‹ ist so wahnsinnig inflationär wie auch häufig als Floskel im neolibarelen Sprech entlarvt. Und doch: wie gelingt es Transformation herzustellen?
Aus Forschungsperspektive bedeutet Transformation »co-evolutionary changes in technologies, markets, institutional frameworks, cultural meanings and everyday life practices« 1. Kulturell gesehen geht es um den Wandel von Lebensformen, kulturellen Werten, Einstellungen, Emotionen und Normen sowie um ›Unlearning‹ von Gewohnheiten. Also alles eine Frage der sozialen Zugänge und des richtigen Timings?
Wir sind überzeugt davon, dass Veränderung gestaltet werden kann, diese aber einen Anfang braucht. Im Sinne von ›ins Machen kommen‹, sogar einen aktivistischen. Und so starten wir in eine Schwerpunktreihe mit Aktivist*innen, die mit Argument, Abstraktion, Immersion, Performance, Strategie, Mythos und Metapher solche Kipppunkte gestalten, bei denen die Welt Lust bekommt, die nächsten Schritte mitzugehen.
Hanna Noller und Ton Matton sind Raumstrateg*innen und zugleich Aktivist*innen. Sie arbeiten politisch, performativ und programmatisch für eine Utopie von Zusammenleben in unseren Nachbarschaften, in Städten und auf dem Land. Ohne die ganz großen Fragen des ›Warum‹ außen vor zu lassen, werden wir uns gemeinsam an diesem Abend vor allem dem ›Wie‹ widmen.
Wie kann das Neue attraktiv(er) werden?
Wie gelingt ein Aufhören und ein Anfangen?
Wie entwickeln wir so etwas wie Verlustkompetenz?
Über die Gäste
Hanna Noller ist Architektin, Forscherin und Handwerkerin. Aufgewachsen im Speckgürtel von Stuttgart, ist sie anschließend ganz schön viel herumgekommen. Aktuell ist sie Vorstand des gemeinnützigen Vereins Stadtlücken e.V., der die Leerstellen einer Stadt erforscht und sichtbar macht. Ein oft zitiertes Beispiel ihrer Vita ist die Aktivierung des Österreichischen Platzes in Stuttgart. Seit 2023 untersucht Hanna im Rahmen ihrer Dissertation am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt an der TU Braunschweig unter dem Arbeitstitel »Intermediäre Plattformen der Stadtentwicklung – Herausforderung an die Architektur einer demokratischen Planungskultur« Räume öffentlicher Planungsplattformen, in denen stadtgesellschaftliche Koproduktion stattfindet.
Prof. Ton Matton ist Stadtplaner und performativer Urbanist aus Rotterdam. An der Kunstuniversität Linz hatte er die Professur für Raum- und Designstrategien inne. Heute lebt er im mecklenburgischen Wendorf und lehrt ein neues Paradigma von Stadt und Land. Man kennt ihn und seine unkonventionelle Rauminterventionen sowie Briefe an Politiker*innen (u. A. Angela Merkel), die ihm auch manchmal antworten. Ton veröffentlichte vor kurzem sein Buch Slow Urban Planning. Es dokumentiert nicht nur Projekte mit seinen künstlerischen Arbeiten, die etwa im Rahmen der Tribsees Centenniale entstanden. Es beleuchtet auch, wie stadtplanerische Prozesse gemeinhin verlaufen und wie Regelwerke angepasst werden könnten.
1 Alexander Ebner and Nikolaus Beck, The Institutions of the Market (2008)
- Salonabend am 9.11.2023
- Molkerei, Niederbarnimstraße 10, 10247 Berlin
- Offene Türen ab 19.00 Uhr, Start 19.30 Uhr
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